Anfänge und Grundlegung
Die Vorgeschichte der Partnerschaft zwischen Dortmund und Leeds geht zurück auf das Ende des Jahres 1949. Damals wurde von der „Control Commission of Germany“ der Vorschlag gemacht, Beziehungen zwischen der West Riding of Yorkshire und dem Regierungsbezirk Arnsberg herzustellen, zwei Gebieten, die in Größe und Bevölkerungszahl, Landschaftscharakter und Wirtschaftsstruktur große Übereinstimmungen aufweisen. Diesem Vorschlag folgend richtete man einen Schüleraustausch ein, der im Jahre 1950 146 englische Mädchen und Jungen nach Deutschland und 178 deutsche Jugendliche nach England führte und der in den folgenden Jahren zu einer ständigen Einrichtung wurde. Der Schüleraustausch wurde ergänzt und erweitert durch einen Lehreraustausch. Zunächst wurden Englischlehrer der Schulen des Regierungsbezirks Arnsberg eingeladen, für 4 bis 6 Wochen an einer Schule der West Riding zu unterrichten.
Dann leistete die Stadt Dortmund Anfang der fünfziger Jahre ihren ersten eigenständigen Beitrag im Rahmen des Austauschprogrammes mit dem Vorschlag, auch englische Lehrer an deutschen Schulen unterrichten zu lassen. Einige Lehrer, die schon in England gewesen waren, luden ihre Gastgeber für mehrere Wochen zu einem Gegenbesuch ein. Schließlich machte sich die Stadt Dortmund von dem Programm des Regierungsbezirkes unabhängig und begann mit finanzieller Unterstützung der Erziehungsbehörden, eigene Austauschvorhaben zu planen.
Der entscheidende Anstoß zur Aufnahme partnerschaftlicher Beziehungen Dortmunds mit einer englischen Stadt fällt in das Jahr 1957. Damals wurde der Oberbürgermeister von Dortmund, Dietrich Keuning, eingeladen, als Gast des Foreign Office zusammen mit den Oberbürgermeistern von Essen und Gelsenkirchen vom 2. bis 9. März 1957 eine Reise durch England zu unternehmen. Verantwortlich für diese Besichtigungsfahrt war Mr. Chapout de Saintonge vom Auswärtigen Amt, der sich damals nachdrücklich für die Aufnahme deutsch-englischer Beziehungen einsetzte. Bevor die deutschen Oberbürgermeister ihre Reise antraten, hatte das Foreign Office dem Mitglied des Parlaments für Nord-West Leeds, Sir Donald Kaberry, den Vorschlag unterbreitet, die Oberbürgermeister während ihrer Reise durch Yorkshire auch in Leeds zu empfangen. Da Essen (mit Sunderland) und Gelsenkirchen (mit Presten-upon-Tyne) schon zu jener Zeit Beziehungen zu englischen Städten unterhielten, wurde nach der Begegnung zwischen dem Lord Mayor von Leeds, Thomas Austin Jessop, und Herr Keuning eine partnerschaftliche Verbindung zwischen Leeds und Dortmund erwogen.
Ein offizieller Gegenbesuch von Repräsentanten aus Leeds fand vom 1. bis 5. September des gleichen Jahres statt. Der Nachfolger von Mr. Jessop, Lord Mayor Joseph Hiley, kam in Begleitung von Mr. Jessop, des Town Clerks Mr. Crute und der Vertreter der Parteien im Stadtparlament, Alderman O’Donnell und Alderman Hargrave, auf Einladung der Stadt nach Dortmund. Das Programm war angefüllt mit Besprechungen, Besichtigungen und Rundfahrten, so dass die Besucher einen umfassenden Überblick über den Aufbau und die Probleme der Stadt Dortmund gewannen. In seiner Danksagung an Oberbürgermeister Keuning vom 10.09.1957 schreibt Mr. Hiley: „Der Besuch Ihrer bedeutenden Stadt bereitete uns großes Vergnügen, und wir alle waren sehr beeindruckt von dem, was wir sahen. Ich beabsichtige, in naher Zukunft mit den Ratsherren O’Donnell und Hargrave Diskussionen zu veranstalten, um zu verbürgen, dass die Bande weiter gefestigt werden.“
Bereits ein Jahr später fuhren vom 11. bis 15. Mai 1958 Oberbürgermeister Keuning, Stadtdirektor Dr. Helmut Hillmann, Delegierte der im Rat vertretenen Parteien, Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Christlich Demokratische Union (CDU) und Freie Demokratische Partei (FDP), sowie Mr. Joseph Walmsley, Leiter der „Brücke“, wiederum nach Leeds, um die angeknüpften Verbindungen weiter zu festigen.
Waren bisher die Beziehungen zwischen den beiden Städten auf den wechselseitigen Besuch offizieller Delegation beschränkt, so wurden 1961 durch die Auslandskulturtage der Stadt Dortmund mit England die partnerschaftlichen Kontakte wesentlich erweitert. Zum ersten Male wurde den Dortmundern die Möglichkeit gegeben, einen Einblick in die Lebensverhältnisse der Engländer zu gewinnen, damit ihre Kenntnisse über das Nachbarland zu erweitern und Vorurteile abzubauen. Der Wunsch nach eigener Information wurde zur Antriebskraft der Beziehungen, die sich nun in wachsender Zahl neben den offiziellen Besuchen zwischen den beiden Städten entwickeln.
1962, ein Jahr nach den Auslandskulturtagen mit England, besuchte der Lord Mayor von Leeds, Mr. Harold Watson, in Begleitung seines Sekretärs, Mr. William Pitts, Dortmund in der Zeit vom 22. bis 25. Oktober. Anlässlich dieses Besuches fand im Fritz-Henßler-Haus am 24. Oktober ein deutsch-englischer Freundschaftsabend statt. Neben zahlreichen Gesprächen mit führenden Dortmunder Persönlichkeiten besichtigte die englische Delegation unter anderem Alterswohnheime, das Jugenddorf in Oespel, mehrere Schulen und neu erschlossene Wohngebiete in den Vororten.
An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass nach englischem Recht der Oberbürgermeister oder Lord Mayor einer Stadt immer nur für ein Jahr aus dem Kreis der Aldermen gewählt wird, in Deutschland dagegen die Ratsmitglieder aus ihrer Mitte den Oberbürgermeister für die Dauer der Wahlperiode wählen – früher vier, jetzt fünf Jahre – wobei anschließende Wiederwahl zulässig ist.
Vom 5. bis 8 Oktober 1963 setzten Albert King, Vorsitzender des Finanz- und Parlamentsausschusses, Alderman Joshua Samuel Walsh, Ausschussvorsitzender des Education Committee, und George Taylor, Leiter des Education Departments, die Begegnungen offizieller Stadtvertreter fort. Sie führten mit Oberbürgermeister Keuning und Oberbürgerstadtdirektor Dr. Walter Kliemt Gespräche über kommunalpolitische Probleme und besichtigten die kulturellen Einrichtungen der Stadt Dortmund.
Diesen Besuch erwiderte vom 12. bis 17. September 1966 auf Einladung des Lord Mayors von Leeds eine Delegation von 6 Mitgliedern des Dortmunder Rates, die von Bürgermeister Erich Riecke geleitet wurde. Sie sprach mit führenden Persönlichkeiten aus Politik und Verwaltung über eine mögliche Beurkundung der partnerschaftlichen Beziehungen und absolvierte ein umfangreiches Besuchs- und Besichtigungsprogramm.
Die Reihe der bisherigen offiziellen Besuche beschloss Lord Mayor Colonel Lawrence Turnbull, der vom 12. bis 15. März 1968 mit seiner Gattin und in Begleitung seines Sekretärs William Pitts nach Dortmund kam. Neben der Besichtigung einer Ausstellung englischer Erzeugnisse in einem Kaufhaus der Innenstadt und einem Besuch des in Dortmund stationierten 45th Med. Regiment, R. A., wurden vor allem Gespräche mit Vertretern von Rat und Verwaltung der Stadt darüber geführt, ob und mit welchen Beiträgen sich Leeds an den Auslandskulturtagen der Stadt Dortmund 1969 Deutschland – Großbritannien beteiligen wird und ob die bisherigen guten kulturellen Verbindungen durch den Austausch von Partnerschaftserklärungen gefestigt und vertieft werden sollten.
Der Vorschlag Dortmunds, eine Stadtpartnerschaftsurkunde während der Auslandskulturtage 1969 an eine Leedser Ratsdelegation zu überreichen, schien zunächst nicht realisierbar, weil wegen der jährlich im Mai stattfindenden Neuwahl des Lord Mayors in Leeds zeitliche Reisehindernisse vorhanden waren. Der Plan wurde jedoch in Leeds diskutiert und dank der Unterstützung Colonel Turnbulls und seines Nachfolgers, Lord Mayor John Rafferty, schließlich vom Rat akzeptiert. Nicht unbedeutenden Anteil an dieser Entwicklung hatte der Sekretär des Lord Mayors, William Pitts, der aus eigenem Antrieb stets eine engere Verbindung zwischen den beiden Städten anstrebte.
Die bisherige Schilderung der Entwicklung partnerschaftlicher Kontakte zwischen Dortmund und Leeds, von den Anfängen im Jahre 1957 bis heute, lässt nicht den bedeutsamen persönlichen Beitrag erkennen, den Mr. Joseph Walmsley, zunächst Leiter der „Brücke“ bis 1959 und dann des Landeskreises Großbritannien – Commonwealth der Rheinisch-Westfälischen Auslandsgesellschaft bis 1965, geleistet hat. In dieser langen Zeitspanne gibt es kaum eine Beziehung zwischen den beiden Städten, die nicht von ihm eingeleitet oder zumindest vermittelt worden ist. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sein Name in vielen Dokumenten erscheint, die über diesen Sachverhalt Auskunft geben. Seine Verdienste um die Anknüpfung und Erweiterung der Städtepartnerschaft Dortmund – Leeds können somit nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Die zentrale Kontaktstelle für internationale kulturelle Verbindungen ist auf Dortmunder Seite das Kulturamt, das mit Ausnahme der repräsentativen Aufgaben von Rat zu Rat, die vom Amt für Angelegenheiten der Ratsversammlung und des Oberbürgermeisters wahrgenommen werden, auch die Beziehungen zu den Partnerstädten pflegt.
Kulturdezernent Stadtrat Dr. Alfons Spielhoff ist der festen Überzeugung, dass die Demokratisierung Europas in einem langen Zeitraum nur möglich sein wird, wenn sich die Gemeinden als kleinste politische Zellen der europäischen Staaten diese Aufgabe zu eigen machen. Aus dieser Einstellung heraus hat er stets klare Anweisungen zur Stärkung der Partnerschaft mit Leeds gegeben und alle Bemühungen seiner Mitarbeiter um den Ausbau und die Erweiterung der Kontakte gefördert und unterstützt.
1964 ist Stadtamtmann Detlef Lang diese für Gemeinden neue Aufgabe „Internationaler Kulturaustausch“ übertragen worden. Zusammen mit dem Leiter des Kulturamtes, Städtischem Verwaltungsrat Hermann Hassenbürger, ist er bestrebt, vor allem private Beziehungen zwischen den verschiedensten Bevölkerungskreisen, Berufsgruppen, Vereinen und Einzelpersonen beider Städte zu vermitteln, die später auch ohne behördliche Mithilfe von dauerhaftem Bestand sind.
Bis heute fehlt in Leeds eine entsprechende Dienststelle, die alle Partnerschaftsangelegenheiten zentral bearbeitet. Wichtigster Vermittler war daher stets der schon mehrfach erwähnte ständige Sekretär des Lord Mayors, William Pitts, der aufgrund seiner großen Verwaltungserfahrung und Sachkenntnisse alle Anfragen an die zuständigen Committees weiterleitete. Leider wird er sein Amt bald verlassen, aber es ist ihm eine große Genugtuung, vor seiner Pensionierung noch die Beurkundung der Partnerschaft mit Dortmund erleben zu können.
Vom 6. bis 23. September 1968 fuhren Stadtamtmann Detlef Lang und Reginald C. Foot, seit 1968 englischer Nachfolger von Mr. Walmsley als Leiter des Länderkreises Großbritannien – Commonwealth der Reinisch-Westfälischen Auslandsgesellschaft, nach Leeds, um in Gesprächen mit Rats- und Verwaltungsmitgliedern Einzelheiten der geplanten Partnerschaftsbeurkundung zu erörtern und zu vereinbaren, mit welchen Beiträgen sich Leeds an den vom 28. Mai bis 4. Juni 1969 stattfindenden Auslandskulturtagen der Stadt Dortmund Deutschland – Großbritannien beteiligen könne.
Lord Mayor John Rafferty sagte der kleinen Delegation alle Unterstützung zu, vermittelte die notwendigen Gespräche mit den zuständigen Verwaltungsleitern und bedauerte schließlich nur, dass er während der Partnerschaftsfeier, die für den 2. Juni 1969 vereinbart wurde, nicht mehr im Amt sei und er es seinem Nachfolger überlassen müsse, die Urkunde in Empfang zu nehmen.
Als unermüdlicher Wegbereiter, Dolmetscher und Freund erwies sich während der zwei Wochen auch Hubert J. Eichinger, Leiter des Language Laboratory beim Leeds College of Commerce, der mit Einverständnis seines Direktors, E. V. Roberts, der Delegation zur Verfügung stand.